Unternehmensoptimierung mit Six Sigma, BPM oder einfach nur mit Wertanalyse?

Unternehmensoptimierung mit Six Sigma, BPM oder einfach nur mit Wertanalyse?

 

Kurzfassung

Mit Six Sigma und Business Process Management (BPM) können Unternehmensorganisationen und deren Geschäftstätigkeiten optimiert werden. Beide sind Managementmethoden, die zurzeit aktuell und modern sind. Was bieten diese Methoden neues? Was unterscheidet sie von Wertanalyse? Lohnt sich der Aufwand für eine Initiative zur Unternehmensoptimierung mittels eines Six Sigma Programms?

Six Sigma ist im Grunde kein völlig neues Konzept, sondern baut auf bewährten QM-Methoden auf. Mit Six Sigma wird eine Null-Fehler-Qualität der Prozesse und Produkte auf dem statistischen Niveau von 3,4 ppm angestrebt. Business Process Management (BPM) wird eingesetzt um Geschäftsprozesse zu identifizieren, zu gestalten, zu dokumentieren, zu implementieren und zu steuern. Beide Methoden haben Kerntechniken, die Mitarbeiter eines Unternehmens anwenden können, um die spezifischen Ziele zu erreichen.

Die Basis solcher Projekte ist aber immer die Befähigung der Unternehmensmitarbeiter durch die Arbeit in interdisziplinär zusammengesetzten Teams eine konkrete Situation zu verbessern, ganzheitliche Problemlösungen zu erarbeiten und diese anschließend umzusetzen. In der Nutzung dieses Mitarbeiterpotentials unterscheiden sich Wertanalyse und Six Sigma nur unwesentlich.

Es wird empfohlen, statt alle Jahre neue Programme von Grund auf zu initiieren, die bereits vorhandenen Mitarbeiterqualifikationen zu nutzen und die Zusatzkenntnisse für die speziellen statistischen Methoden des Six Sigma oder/und die BPM-Techniken der Analyse und Dokumentation von Geschäftsprozessen ergänzend zu schulen. Auf der Basis der Grundphilosophie der Wertanalyse lassen sich so Six Sigma und BPM typische Ziele deutlich schneller und kostengünstiger realisieren.

1. Einführung

Warum dieser Beitrag?

Analog der Mode in der Bekleidungsindustrie, tauchen Managementmethoden auf und regelmäßig verschwinden sie auch wieder. Managementtrends beschäftigen sich mit Problemstellungen, die als aktuell und brennend empfunden werden, wiewohl sie zumeist um die immer gleichen Themen kreisen: Effizienz, Effektivität, Profitabilität, Innovation, Kosten, Qualität und Marktanteil.

Wenn es um die immer gleichen Themen geht, warum entstehen dann immer wieder neue Managementmethoden?

Gibt es nicht schon Lösungen für die immer gleichen Problemstellungen?

Diesen Fragestellungen geht dieser Beitrag am Beispiel Wertanalyse, Six Sigma und Business Process Management (BPM) nach.

2. Merkmale des Marktes für Managementmethoden

Die Globalisierung und Deregulierung der Märkte, die Entstehung neuer Technologien und die steigende Wettbewerbsintensität verursachen eine zunehmende Komplexität und Dynamik des Umfelds, in dem sich Unternehmen bewähren müssen.

Die Führungskräfte müssen diese Komplexität beherrschen, um ihr Unternehmen sicher durch wildes und zum Teil unbekanntes Fahrwasser steuern zu können. Dabei orientieren sich die Manager vor allem an ihren eigenen Erfahrungen aus der Vergangenheit, greifen aber auch gerne Ideen und Vorgehensweisen neuer Managementmethoden auf, die überwiegend von Management-Gurus, Beratern und Universitätsprofessoren verbreitet werden. Bei den Managementmethoden lassen sich ausgesprochene „Trends“ beobachten.

Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Angesichts der unüberschaubaren Komplexität des Geschäfts, der damit verbundenen höheren Unkalkulierbarkeit der Ergebnisse und dem zunehmenden Risiko des Versagens, können sich die Führungskräfte hinsichtlich der Wirkung ihrer Entscheidungen nicht mehr sicher sein. Der Vergleich mit anderen Firmen bringt etwas Sicherheit:

„Wenn der Marktführer Six Sigma macht, dann kann das nicht falsch sein“.

Michael Porter, Harvard-Professor, stellte bereits 1997 fest:

„In einer Art Herdentrieb ahmen sich die Unternehmen lieber gegenseitig nach, jedes in der Annahme, die Rivalen beherrschten etwas, das die eigene Firma nicht kann” [1].

Allerdings, die Ähnlichkeit im Management- und Leistungsverhalten bedingt allein noch keinen Wettbewerbsvorteil, allenfalls Gleichstand. Das eigene Unternehmen muss besser sein als der Wettbewerb, um sich langfristig Marktchance sichern zu können.

Eine andere Ursache ist der Drang zur Innovation, zu neuen Vorgehensweisen und Managementtechniken, in der Hoffnung damit die alltäglichen Probleme des eigenen Unternehmens besser lösen zu können. Auch wenn Manager neu in einem Unternehmen in führende Positionen berufen werden, stehen sie unter dem Druck „etwas Neues machen zu müssen“, zu mindestens die bestehenden Probleme besser und das heißt meist anders zu lösen, als ihre Vorgänger.

„Neue Besen kehren gut“, das gilt es zu beweisen. Was liegt näher, als einen neuen Berater mit einer neuen Management- oder Optimierungsmethode ins Haus zu holen. So wird aus einem TOP- (Total Operational Performance) ein PUSH-Programm (Programm zur umfassenden Steigerung der Leistung von Hxyz), aus einer TQM eine Six Sigma Initiative.

Die betroffenen Mitarbeiter der Unternehmen sind zu Beginn meist verärgert über die von ihnen geforderte Zusatzleistung parallel zum Tagesgeschäft. Sie beruhigen sich in der Regel aber schnell, wenn sie merken, dass hier nur „alter Wein in neuen Schläuchen“ geliefert werden muss. „Alles schon mal da gewesen“ ist die im Rahmen solcher Programme oft gehörte Rückmeldung der Mitarbeiter.

Naturgemäß sind solche Programme auch sehr erfolgreich und resultieren in enormen Kosten-Einsparungen. Die Betroffenen, die Führungskräfte, die Berater und die Mitarbeiter sind allein schon wegen der hohen zusätzlichen Kosten solcher Programme zum gemeinsamen Erfolg verdammt. So jagt eine Management-Innovation die nächste.

Ist nun alles nur Blendwerk? Gibt es wirklich keine neuen Managementmethoden?

Es gibt sie, die Innovation im Management, aber sie ist bei weitem nicht so häufig, wie es die Beratungsunternehmen und universitären Managementinstitute propagieren. Durch genaues Hinterfragen der Vorgehensweisen und Schwerpunktsetzten bei den Techniken, die wirklich benötigt werden, lässt sich viel Geld sparen. Die richtige Wahl setzt allerdings entsprechendes Fachwissen und Neutralität bei den Beratern und den Entscheidern voraus.

3. Gibt es einen Management-Königsweg?

Welches sind die methodischen Ansätze, die dauerhaft die Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens und seiner Organisation herstellen und erhalten?

Wenn es um die vergleichende Bewertung unterschiedlicher Managementmethoden geht, halten sich Wissenschaft und Berater in der Regel stark zurück. Meistens ist die Methode am besten, die gerade Trend ist oder die gerade von dem Beratungsunternehmen oder dem Universitätsinstitut besonders propagiert wird.

Aussagen, wie im Lehrbuch „Organisation“ von Kieser/Walgenbach, sind eher die Ausnahme:

„Die Vorstellung, dass eine Theorie oder aus Theorien abgeleitete Hypothesen, auch wenn sie empirisch gestützt sind, Anleitungen zur Gestaltung von Organisationen an die Hand geben, ist abwegig. (…) Empirische Analysen, selbst wenn sie explizit versuchen, Erfolgsfaktoren zu isolieren und wenn verschiedene Analysen zu übereinstimmenden Ergebnissen gelangen (…), können keine Empfehlungen für den Einzelfall generieren.“ [2].

Kuhn stellt in einem Artikel mit der Überschrift „Die beliebtesten Managementmethoden“ fest:

„Die befragten Führungskräfte zeigen eine gewisse Ernüchterung im Umgang mit den oft hochgelobten Managementmethoden. Die meisten Instrumente stellen einfach den gesunden Menschenverstand dar.“ [3]

Also gibt es keine eindeutige Antwort auf die eingangs gestellte Frage?

Sehen wir uns die Management Methoden Wertanalyse, Six Sigma und Business Process Management zunächst einmal näher an und versuchen wir dann ihre Gemeinsamkeiten und Unterschied herauszuarbeiten.

4. Value Management / Wertanalyse

Zur Charakterisierung der Methode Value Management / Wertanalyse genügt der Verweis auf die europäische Norm EN 12973, in der die Grundprinzipien beschrieben sind  [4].  Als Vorgehensweise und Gesamtwirkung dieser Methode wird dort formuliert:

„Value Management ist ein Managementstil, der besonders geeignet ist, Menschen zu mobilisieren, Fähigkeiten zu entwickeln sowie Synergie und Innovation zu fördern, jeweils mit dem Ziel, die Gesamtleistung einer Organisation zu maximieren.

Auf der Führungsebene angewendet, fußt Value Management auf einer wertorientierten Organisationskultur unter Berücksichtigung des Wertes für Anspruchsgruppen und Kunden. (…) Anspruchsgruppen (stake-holder) oder interne und externe Kunden können jeweils unterschiedlicher Ansicht darüber sein, was Wert bedeutet.

Das Ziel von Value Management ist, diese Unterschiede in Einklang zu bringen und eine Organisation andauernd in die Lage zu versetzen, den größtmöglichen Fortschritt in Richtung der festgelegten Ziele unter Einsatz eines Minimums an Ressourcen zu erreichen. Auf der Ausführungsebene bringt Value Management darüber hinaus geeignete Methoden und Werkzeuge zur Anwendung.“

 

Kleeblatt VM

Bild 1:Grundelemente des Value Management Systems (Grafik entnommen aus [5])

Die Norm enthält kurze Erläuterungen zu Wertanalyse und weiteren Methoden, die im Rahmen des Value Management bei Bedarf und Notwendigkeit zur Anwendung kommen.

Diese können beispielsweise sein:

  • Funktionale Leistungsbeschreibung,
  • Design to Cost,
  • Quality Function Deployment,

Die Liste ist nicht vollständig. Auf der Basis der Grundprinzipien des Value Management ist dieser Managementstil in der praktischen Ausführungsebene offen auch für andere Methoden und Techniken, die je nach Erfordernissen der zu lösenden Aufgabe eingesetzt werden. Es kommen zusätzlich Methoden zum Einsatz, die in der Managementliteratur als eigenständig beschrieben werden.

5. Six Sigma

Six Sigma ist zum einen ein statistisch zu ermittelndes Qualitätsziel, zum anderen ein umfangreiches Programm zur Optimierung der Leistungsfähigkeit von Unternehmen.

Am Ende eines jeden Prozesses steht ein Ergebnis, das mit bestimmten Merkmalen ausgestattet ist, oder durch die Beschreibung seiner Eigenschaften definiert werden kann. Bei sich wiederholenden, gleichen Prozessen sollte auch immer das gleiche Ergebnis herauskommen. Das ist allerdings in der Regel nicht der Fall. Die Abweichungen von den Zielwerten werden statistisch erfasst und über die Standardabweichung (s) quantifiziert. Die Forderung 6s bedeutet, dass die für ein Merkmal bestimmten Toleranzgrenzen praktisch nicht überschritten werden (3,4 Fehler/1MioWiederholungen), also ein nahezu Nullfehlerprozess realisiert worden ist.

Die Grundphilosophie der Nullfehlerproduktion bildet die Basis der Six Sigma Methode. Diese steht damit in direkter historischer Linie zu den TQM Aktivitäten früherer Zeiten.

Nun ist bekannt, dass das Wollen allein nicht ausreicht, um eine Nullfehlerproduktion in einem Unternehmen zu realisieren. Zu dem Wollen muss sich noch das Dürfen und Können der Mitarbeiter eines Unternehmens gesellen. Ein Gesamtprogramm für die Realisierung des Dürfens und Könnens wurde in den 80iger Jahren in USA entwickelt und erstmals bei Motorola angewendet. Populär wurde die Six Sigma Methode durch die Erfolgsmeldungen von General Electric [6]. Seitdem steigt die Zahl der Unternehmen, die Six Sigma für die Verbesserung ihrer Prozess- und Produktqualität einsetzen.

 

DMAIC Regelkreis

Bild 2: Der DMAIC-Regelkreis (nach [6])

 

Der Kernprozess der Six Sigma Methode ist der DMAIC-Regelkreis. DMAIC bedeutet

Define-Measure-Analyze-Improve-Control.

Die einzelnen Schritte beinhalten die folgenden Aktivitäten:

Define (Definieren):

Der zu verbessernde Prozess wird ausgewählt, beschrieben und das Problem mit diesem Prozess definiert.

Measure (Messen):

Die Prozesseigenschaften und die durch den Prozess produzierten Ergebnisse werden bestimmt.

Analyze (Analysieren):

Die Ursachen der Merkmalsabweichungen werden ergründet.

Improve (Verbessern):

Die Verbesserungen für den Prozess werden erarbeitet, getestet und schlussendlich eingeführt.

Control (Überwachen):

Die Funktionalität des verbesserten Prozesses wird mit statistischen Methoden überwacht.

Die Verbesserungsaktivitäten erfolgen im Rahmen von Six-Sigma-Projekten, die je Prozess zwischen 2 bis 6 Monate dauern können. In Abhängigkeit von der Problemstellung werden auch andere Methoden und Techniken eingesetzt, um die notwendigen Analyse- und Verbesserungsergebnisse zu erreichen. In der Six Sigma Toolbox sind so bekannte Methoden zu finden wie Quality Function Deployment (QFD), Failure Mode and Effects Analysis (FMEA), Design of Experiments (DOE), um nur einige zu nennen.

Der Aufwand, der bei der Einführung von Six Sigma Programmen in Unternehmen getrieben wird ist hoch. Er lag beispielsweise bei GE in der Größenordnung von 1 Mrd. €. Die Einführung erfordert umfangreiche Schulungsmaßnahmen für die betroffenen Mitarbeiter. Es wird zudem als notwendig erachtet, neben der vorhandenen Unternehmensorganisation eine Six Sigma Programmorganisation zu installieren. Sie besteht aus unterschiedlichen Funktions- und Hierarchieklassen, die wie folgt benannt werden:

Development Champion:

Motor für das Programm im Unternehmen, in der Regel Mitglied der Unternehmensleitung.

Master Black Belt:

Methodenexperte, er wirkt als Coach, Trainer und Ausbilder.

Project Champion:

Auftraggeber für einzelne Verbesserungsprojekte, in der Regel Mitglied des Mittelmanagements.

Black Belt:

Methodenexperte, er übernimmt die Begleitung und das Projektmanagement der Projekte.

Green Belt:

Experten der zu untersuchenden Prozesse, sie arbeiten im Projektteam mit.

Die Methode und das Vorgehen sind im Gegensatz zum Value Management in keiner Norm klar definiert und damit festgeschrieben. Die Ausgestaltung wird von Unternehmensberatern und entsprechenden Fachorganisationen definiert und getragen, die in der Regel eine große Nähe zu den etablierten QM-Organisationen haben. Daher gibt es in der Ausgestaltung der Six Sigma Programme naturgemäß eine größere Varianz bezüglich der Inhalte und der Abläufe. Den festen Rahmen bilden das 6 s-Qualitätsziel und der DMAIC-Regelkreis.

6. Business Process Management (BPM)

Bei der Optimierung einer Unternehmensorganisation die Abläufe und Prozesse in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen und so zu organisieren, dass sie möglichst unterbrechungs- und schnittstellenfrei ablaufen, ist ebenfalls nicht neu. Ein klassisches Beispiel ist das Montageband in der Automobilindustrie, im Jahr 1914 realisiert für die Montage des Ford T-Modells.

Das Neue an Business Process Management (BPM) ist, alle Funktionalitäten für die Leistungserbringung eines Unternehmens als Prozess aufzufassen. „Wer macht was, wann, wie und womit?“ ist dabei die zentrale Fragestellung. Es wird zwischen Führungsprozessen, operativen Prozessen und Unterstützungsprozessen unterschieden.

BPM2

Bild 3: Prozessmodell eines Unternehmens

Operativ werden bei der Optimierung die folgenden Arbeitsschritte abgearbeitet:

  • Definition der zu untersuchenden oder neu zu schaffenden Prozesse
  • Analyse bestehender Prozesse
  • Definition der zukünftigen Prozesse
  • Realisierung der definierten Veränderungen
  • Kontrolle und ggf. Verbesserung der neuen Prozesse

Seit je her sind die Arbeits- und Geschäftsprozesse Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen, sachgerechter Systematisierung und allgemein anerkannter Standardisierung. Zu nennen sind hier vor allem die Aktivitäten des Verbands für  Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung (REFA), unter anderem hervorgegangen aus einem 1921 gegründeten VDI-Arbeitsausschuss für wirtschaftliche Fertigung.

Anders als bei Wertanalyse oder dem Qualitätsmanagement nach ISO gibt es für BPM aber keine Norm, in der klar definiert ist, was unter diesem Begriff zu verstehen ist. Dementsprechend vielfältig und unübersichtlich ist das Verständnis zu diesem Begriff und sind die Angebote und Vorgehensweisen diverser Beratungsunternehmen, die sich auf diesen Themenbereich spezialisiert haben.

 

In neuerer Zeit bemüht sich die Gesellschaft für Organisation (gfo) um eine Systematisierung des BPM-Ansatzes im Sinne einer ganzheitlichen Unternehmensprozess- und  Organisationsgestaltung. Dies umfasst auch die Standardisierung der dabei verwendeten Werkzeuge und eine Systematisierung der Ausbildung entsprechenden Fachpersonals.

Ein Ergebnis dieser Bemühungen ist das BPM CBOK (Business Process Management Common Body of Knowledge), in dem das aktuelle BPM-Wissen zusammenfasst ist. Dieses Handbuch dient zudem als Basis für die Zertifizierung zum CBPP (Certified Business Process Professional), die von der gfo durchgeführt wird [7]. Weitere Informationen sind über das BPM Netzwerk erhältlich, das sich als unabhängige, überregionale Informationsplattform zu diesem Thema im Internet etabliert hat [8].

7. Vergleich der Methoden Wertanalyse, Six Sigma und BPM

Alle beschriebenen Methoden können vom Management eingesetzt werden um die Unternehmensorganisation zu verbessern. Wo liegen die Unterschiede, in welchen Aspekten sind sie gleich? Das Value Management Netzwerk hat hierzu Kriterien erarbeitet und die Merkmale der Methoden in der nachfolgenden Tabelle beschrieben (Tab. 1).

 

Vergleich Wertanalyse SIxSigma BPM

Tabelle 1: Merkmale der Methoden Wertanalyse, Six Sigma und BPM

 

Ganz generell gilt für die Wirksamkeit aller Methoden: Das Management muss es wollen. Alle beschriebenen Methoden zielen meist auf grundlegende und langfristig wirksame Verbesserungen ab, weniger auf kurzfristig wirkende Notmaßnahmen. Daher ist der nachhaltige Realisierungswille der Führung für den Erfolg der Maßnahmen von ausschlaggebender Bedeutung.

Hauptwirkungen der Methoden

Wertanalyse ist anwendungsneutral, als Hauptwirkung der Wertanalyse-Methode wird die Wertsteigerung des Untersuchungsobjekts angestrebt. Dies kann durch Nutzen-Steigerung oder Aufwand-Reduzierung erfolgen.

Die Hauptwirkung von Six Sigma ist die Prozessoptimierung mit dem Schwerpunkt der Reduzierung von Prozessfehlern und der Zunahme der Prozesssicherheit bei den Abläufen. Über die dadurch ausgelöste Reduktion der Fehlerkosten führt Six Sigma zur Senkung des Aufwands.

BPM legt den Schwerpunkt auf die Analyse, Gestaltung und Optimierung der Geschäftsprozesse. Durch verbesserte Prozesse werden Fehler und Prozesskosten reduziert.

Abläufe und Vorgehensweisen bei der Anwendung

Wertanalyse und Six Sigma haben einen klar definierten Arbeitsplan und eine klar definierte Vorgehensweise. Beide Methoden arbeiten mit interdisziplinären Teams, die je nach Aufgabenstellung als Projektteam zusammengestellt werden. Dadurch stellen beiden Verfahren Ganzheitlichkeit, Realisierbarkeit und die langfristige Wirkung der gefundenen Lösung sicher.

Während Wertanalyse sich primär an den Wirkungen und dem Wert von Problemlösungen orientiert, steht bei Six Sigma die Fehlerrate im Vordergrund, die mit mathematisch quantifizierbaren Prozess- und Produktmerkmalen statistisch ausgewertet wird. Während Wertanalyse eher den Grundsätzen eines analogen, heuristischen Vorgehens folgt, konzentriert sich Six Sigma auf die digitale, algorithmierbare Problemlösung.

BPM ist in seiner prinzipiellen Vorgehensweise wenig definiert. Grundsätzlich gilt die logische Schrittfolge:

  • Zu untersuchenden Prozess definieren,
  • bestehenden Prozess analysieren,
  • bestehenden Prozess verbessern oder neuen Prozess entwickeln,
  • neuen oder verbesserten Prozess dokumentieren und realisieren.

Die Hauptarbeit kann entweder durch einen einzelnen Methodenprofi oder durch ein Team erledigt werden. Im Mittelpunkt des Vorgehens stehen die Prozessbeschreibung und die Prozess-Simulation bei der Suche nach dem neuen, besten Prozessablauf. Das zentrale Werkzeug ist in vielen Fällen eine Prozessdokumentations- und –simulationssoftware. Die so gewonnen Daten können in der Regel direkt in die Dokumentation des QM-Systems des Unternehmens übernommen werden.

Aufwand des Einsatzes der Methoden

Alle hier beschriebenen Methoden erfordern eine spezielle Schulung der Projektleiter und der beteiligten Mitarbeiter im Unternehmen. Der Qualifizierungs- und Projektaufwand richtet sich stark nach dem Umfang der Aktivitäten. Als Keimzelle für Wertanalyse und BPM genügt unter Umständen ein geschulter Mitarbeiter (Methodenprofi) der stufenweise mit Ausweitung der Aktivitäten im Rahmen der Projekte die anderen Mitarbeiter im methodischen Vorgehen ausbildet oder deren Weiterbildung durch externe Berater steuert.

Anders ist die klassische Vorgehensweise bei der Anwendung der Six Sigma Methode. Hier wird bereits zu Beginn ein umfangreiches Schulungsprogramm zur Ausbildung von Green Belts, Black Belts und Master Black Belts erforderlich. Dieser Aufbau einer Six-Sigma-Parallelorganisation im Unternehmen wird als ein wesentlicher Erfolgsfaktor dieser Methode propagiert [6].

Ein Wertanalytiker fragt bei einem derart immensen Aufwand naturgemäß:

Ist der Nutzen nicht auch mit deutlich weniger Aufwand zu haben?

Gibt es bei vergleichbaren Optimierungszielen so etwas wie einen „Management-Königsweg“?

8. Der Königsweg zur dauerhaften Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit

Unter der Voraussetzung, dass die Marktverhältnisse es zulassen und das Produkt marktfähig ist, führt der Weg zur dauerhaften Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens immer über seine Mitarbeiter. Letzten Endes sind es immer die Mitarbeiter, die eine Entwicklung zum Erfolg führen, die Kunden des Unternehmens zuvorkommend behandeln oder die Prozesse zur Leistungserbringung effizient gestalten.

Die Einbeziehung und Aktivierung der Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung und bei den Maßnahmen zur Optimierung der Unternehmensleistungen, sind eine absolut notwendige Voraussetzung für den dauerhaften Erfolg. Wie muss dabei vorgegangen werden?

Die Antwort darauf liefern die Grundprinzipien des Value Managements, festgeschrieben in der Norm EN12973 [4]. Wenn mit Value Management die Grundprinzipien der mitarbeiterorientierten Führung gelegt sind, können je nach Anforderung der Optimierungsschwerpunkte die Kerntechniken von Six Sigma und BPM zusätzlich geschult und eingesetzt werden.

Six Sigma ist das Werkzeug der Wahl, wenn es darum geht die Fehlerquote von Geschäfts- und Produktionsprozessen systematisch zu reduzieren und die Abläufe prozesssicher zu machen. In der Regel kann dabei in den Unternehmen auf die Erfahrungen und Techniken der allgemeinen Qualitätssicherung, wie Qualitätsregelkarten oder die automatische Maschinendatenerfassung mit nachfolgender statistischer Auswertung zurückgegriffen werden.

Neben dieser Kerntechnik enthält die Six Sigma Werkzeugkiste so bekannte Vorgehensweisen wie QFD, Wertstromanalyse, Ursache-Wirkungs-Diagramm und vieles andere mehr. Diese Vorgehensweisen sind kein originäres Merkmal von Six Sigma sondern bewährte Techniken um bestimmte Frage- und Problemstellungen zielgerichtet mit einem Team lösen zu können. Ebenso werden diese Techniken seit langem in der Wertanalyse bzw. Value Management angewendet. In diesem Punkt unterscheiden sich die Vorgehensweisen von Value Management und Six Sigma nicht voneinander.

Die Kerntechnik von BPM wird dann sinnvollerweise eingesetzt, wenn es darum geht, bestehende Prozesse hinsichtlich ihrer Ablaufdetails zu dokumentieren, zu analysieren und eventuell neue Prozesse zu entwerfen, zu simulieren und einzuführen. Speziell für die Dokumentation, Analyse und Simulation gibt es eine Fülle von Software-Programmen, die den Erkenntnis-Prozess bei der Analyse der Geschäftsprozesse unterstützen. Einen guten Überblick über die hier zur Verfügung stehenden Techniken vermittelt das BPM-Netzwerk [8]. Ausschlaggebend für den Erfolg dieser Aktivitäten ist aber wiederum, inwieweit die im Rahmen von BPM-Verbesserungsprojekten handelnden Mitarbeiter die Ergebnisse der Analysen verstehen, die angestrebten Veränderungen akzeptieren und damit auch realisieren.

Der Erfolg aller Verbesserungsbemühungen ist nur mit dem Einverständnis der betroffen Mitarbeiter möglich. An dieser Stelle setzen die grundsätzlichen Vorgehensweisen der Wertanalyse und des Value Managements an.

9. Zusammenfassung und Resümee

„Value Management ist ein Managementstil, der besonders geeignet ist, Menschen zu mobilisieren, deren Fähigkeiten zu entwickeln sowie Synergie und Innovation zu fördern, jeweils mit dem Ziel, die Gesamtleistung einer Organisation zu maximieren.“

Ist dieses Grundprinzip, das auch für die Anwendung  der Wertanalyse gilt, erst einmal eingeführte und gelebte Unternehmenskultur, lassen sich durch den ergänzenden Einsatz der Kerntechniken von Six Sigma und BPM die damit verbundenen Ziele wie Null-Fehler-Prozesse und die Entwicklung einer prozessorientierten Organisation erreichen. Die Kontinuität der Mitarbeiterqualifizierung sichert dabei die Akzeptanz der Vorgehensweise und steigert mit relativ geringem, zusätzlichem Aufwand die Effizienz und Effektivität der Unternehmensorganisation.

Diskontinuitäten in der Strategie und Kommunikation nach dem Motto: „Wertanalyse war gestern, heute macht man Six Sigma!“ erzielen nicht die gewünschte Wirkung. Die Mitarbeiter merken sehr schnell, bereits im Rahmen der neu angesetzten Schulungen, dass das dort Angebotene „so neu nun auch wieder nicht ist.“

Besser und glaubwürdiger ist es, dem bereits vorhandenen Wissen und Können der Mitarbeiter die gebührende Anerkennung zu zollen und zusätzlich erforderliche Fertigkeiten ergänzend zu schulen. Damit lassen sich auch Six Sigma und BPM-Programme in Unternehmen im Sinne der Maximierung der Gesamtleistung der Unternehmensorganisation kostengünstig umsetzen.

Literatur

[1]

Michael E. Porter: Nur Strategie sichert auf Dauer hohe Erträge, in: Harvard Business Manager 3/1997, Manager Magazin Verlag, S 56-58

[2]

Kieser, A., Walgenbach, P.: Organisation, Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart, 2007, S. 484

[3]

Kuhn, L.: Die beliebtesten Managementmethoden, Harvard Business Manager 6/2009, Manager Magazin Verlag

[4]

DIN EN 12973: Value Management, Beuth Verlag Berlin, 2002

[5]

DIN EN 12973: Value Management, Beuth Verlag Berlin, 2002

[6]

Harry, M., Schroeder, R.: Six Sigma, Currency, New York, 2000

[7]

http://www.gfo-web.de/zertifizierung-cbpp/certified-business-process-professional-cbpp

[8]

http://www.bpm-netzwerk.de/

   

 

Danksagung

Mein Dank gilt den Mitgliedern des Value Management Netzwerks, die mit mir im Rahmen eines mehrtägigen Workshops wesentliche Inhalte dieses Beitrags erarbeitet haben.

Autor: Dr. S. Jönsson

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